Essen und Denken
Mensch und Interaktion | WiSe 2012/13 | 12 Studierende | 9 CP
Was gibt es Besseres als ein romantisches »Dinner zu zweit«, ein zünftiges Raclette mit Freunden oder das schnelle, gierig verschlungene Wurstbrot am Ende einer durchzechten Nacht? Nahrungsmittel, ihr Einkauf, ihre Produktion auf dem heimischen Balkon, ihre Lagerung in der Wohnung, ihre Zubereitung in der Küche, ihr Verzehr und natürlich die Entsorgung der Reste spielen eine zentrale Rolle in unserem Leben.
Der Kurs »Essen und Denken« beschäftigte sich mit Nahrungsmitteln und erkundete konkrete Ideen, um nachhaltiger und freudvoller mit Nahrungsmitteln umzugehen und ungute, aber liebgewonnene Praktiken und Routinen in Frage zu stellen und aufzubrechen. Im Rahmen des Kurses wurde eine gemeinsame »Versuchsküche« aufgebaut, die mit freudvollen, bedeutungsvollen, verändernden Erlebnissen gefüllt wurde. An dem Kurs nahmen 19 Studierende teil; alle Konzepte wurden prototypisch aufgebaut.
Der Großteil der Prototypen wurde von den Studierenden selbstständig mit Hilfe von Teilnehmern getestet. Die Ergebnisse wurden gemeinsam ausgewertet. Die Konfrontationsergebnisse dienten als Grundlage der gemeinsamen Rückschau des Gestaltungsprozesses und eines hypothetischen Redesigns der Prototypen.
Puddingteller
Anne Karrenbrock
Man kennt vielleicht diese Situation. Im Kühlschrank steht ein Becher mit leckerem Schokoladenpudding. Man greift zu und ehe man sich versieht ist der köstliche Pudding komplett verschlungen. Hätte man sich doch etwas mehr Zeit genommen um den Pudding zu genießen. Mit diesem Ziel, langsamer und bewusster zu essen, beschäftigen sich die fünf Teller in diesem Projekt. Alle haben eine unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit, die mehr oder weniger dazu führt, langsamer und bewusster zu essen. Mit dieser Hypothese im Hinterkopf wurden 40 Probanden mit jeweils einem der experimentellen Teller und einem regulären Teller konfrontiert. Sie sollten einfach eine Portion Pudding essen. Am Ende stellte sich heraus, dass der Teller mit den konzentrischen Kreisen nicht nur dazu führt langsamer zu essen, sondern auch mehr Freude bereitet. Das Experiment mit den Tellern lässt somit erste Rückschlüsse zu, dass die Veränderung zum „Besseren“ trotz Reibung, positive Folgen mit sich bringt.
minns
Ina Roemling, Ronja Hasselbach
Ein intensiver Bezug zu Lebensmitteln ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Wir kaufen die Lebensmittel völlig entfremdet vom Anbau, um sie dann auch noch verpackt in unserer Küche in verschlossenen Schränken oder Abstellkammern zu verstauen. Als letzte Bezugsmöglichkeiten zu den Lebensmitteln bleiben nur noch ein Bild und ein Schriftzug auf dem Etikett. Die Küchenmöbel „minns“ versuchen den Bezug zu Lebensmitteln im Alltag wieder herzustellen. Der Küchenschrank der Möbelserie besitzt kleine Durchschüsse, die so individuell positioniert werden können, dass das Lebensmittel selbst hervorgehoben werden kann. Aus Typografie, Konserve und Pappkarton werden Reis, Nudel und Tomaten. Dieselbe Intention verfolgt auch das Regal der Serie. Lebensmittel in Gläsern werden häufig von Etiketten und Ausdrucken verdeckt. Das, was man eigentlich sehen möchte, bleibt verborgen. Doch das Regal weiß es besser. Es ermöglicht Gläser so zu lagern, dass sie mit dem Boden nach vorne hin liegen. Denn genau dort ist eine uneingeschränkte Sicht auf den Inhalt möglich. Beide Möbelstücke zusammen schaffen einen näheren und bewussteren Umgang mit Lebensmitteln. Ein erster Schritt zu einem nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln.
Der Saisonstempel
Christoph Tochtrop
Tomaten, Zucchini und Auberginen kauft man von Juli bis Oktober. Diese und alle anderen Gemüsesorten haben eine bestimmte Saison. In dieser Zeit sind sie frisch und aus dem heimischen Anbau. Sie wurden weder lang gelagert (sind also gesünder), noch über lange Strecken transportiert (sind also ökologischer). Wer etwas für sich und die Umwelt tun möchte, trifft mit saisonalem Gemüse die richtige Wahl. Sitz man dann aber am Küchentisch und plant den nächsten Einkauf, landen nicht immer alle Erkenntnisse der Saisontabelle (wenn man überhaupt eine hat) auf dem Einkaufzettel. Der Saisonstempel setzt hier an. Man nimmt seinen fertigen Einkaufzettel, stempelt ihn ab und setzt so ein saisonales Gemüse, das zufällig ausgewählt wird, mit auf die Liste. Doch dieses eingeschmuggelte Gemüse erzeugt auch Reibung. Was macht man mit Mangold, Pastinaken oder Fenchel, wenn man eigentlich Tomaten, Paprika und Spinat einkaufen wollte? Nicht nur die Konfrontation von saisonal und nicht saisonal, sondern auch die Ahnungslosigkeit über die Einsatzmöglichkeiten des neuen Gemüses erzeugt Reibung. Aus diesem Grund erhält man im Augenblick des Abstempelns eine E-Mail auf sein Handy, in der ein Rezept mit dem gelisteten Gemüse vorgeschlagen wird. Damit lässt der Stempel mich nicht mit dem vielleicht „ungewohnten“ Gemüse allein.
Der Schrittmacher
Isabella Rudics
Kochen ist nicht immer einfach. Der Schrittmacher ist ein Schneidebrett, das insgeheim dazu befähigt jedes Gericht in kleinen versteckten Schritten zu kochen. Dabei zeigt ein kleines Display im Brett jeden Schritt des Gerichtes an. ‚100g Tomaten in Würfel schneiden‘. Nachdem die Tomaten in den Topf geschoben werden, zeigt der Schrittmacher den nächsten Schritt an. Schritt für Schritt kocht man fast wie von allein. Isabella Rudics versuchte in der Gestaltung des Schrittmachers den schmalen Grad zwischen Kompetenz- und Autonomieerleben zu berücksichtigen. Des Weiteren konnte sie einen funktionsfähigen Prototyp anfertigen, der sowohl Design- als auch
Funktionsmodell ist.