ReMind
Pleasurable Troublemaker by Jan Brechmann | 2013
Supervised by Matthias Laschke, Marc Hassenzahl and Marion Digel
German/english
„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“. Wir alle kennen diese Weisheit, geboren aus einer protestantischen Arbeitsmoral, die besonders den eigenen Eltern immer sehr wichtig zu sein schien. Aber wie häufig schieben wir dann doch Dinge auf, obwohl deren Erledigung nicht viel Zeit und Mühe kosten würde! Besonders die kleinen Aufgaben, wie das Aufräumen des Schreibtisches, den Anruf bei der Oma oder den Zahnarzttermin für die jährliche Routineuntersuchung. Genau diese Kleinigkeiten lösen bei circa 50% der Deutschen Unlust und Unbehagen aus. Das Aufschieben von Aufgaben anstatt sie zu erledigen, nennt man „Prokrastination“.
In der Auseinandersetzung mit prokrastinierenden Menschen wird häufig auf Einsicht und Überzeugung gesetzt. Die durch das Aufschieben entstehenden Probleme – die versäumten Möglichkeiten oder die vergeudete Zeit – werden in den Vordergrund gestellt. Menschen, die dazu neigen Aufgaben zu vertagen, sind sich der Folgen ihres Handels häufig jedoch bewusst, da sie mit diesen bereits im Alltag konfrontiert werden. Einsicht und Überzeugung sind allzu oft bereits da, es fehlt nur die Selbstkontrolle.
ReMind greift hier ein. ReMind ist ein Transformationales Objekt, ein besonderer Kalender, der seine Nutzer andauernd mit anstehenden Aufgaben konfrontiert. Der Anruf bei der Oma, die ausstehende Routineuntersuchung oder der zu ordnende Schreibtisch werden auf kleinen Pucks vermerkt. Die selbstgesetzten Ziele können dann frei an einem Tag im Monat auf dem Kalenderring positioniert werden. Man nimmt sich etwas vor. Der Ring dreht sich kontinuierlich wie eine Uhr immer weiter. Die noch ausstehenden Aufgaben nähern sich dabei immer weiter dem aktuellen Datum, oben bei „12 Uhr“. Der aktuelle Tag ist dabei eine Art Barriere, an der der Puck hängen bleibt. Hier häufen sich die Ziele, wie auch im echten Leben. Werden es zu viele, fallen sie zu Boden. So drängen sie sich noch ein Stück weiter in den Alltag. Das Aufheben des Pucks wird zu einer Auseinandersetzung mit dem unerledigten Ziel. „Hänge ich die Aufgabe wieder an den Kalender, erledige ich die Aufgabe oder setze ich sie über das aktuelle Datum hinweg, als hätte ich sie erledigt?“ Letzteres würde zwar nicht zu einer erledigten Aufgabe führen, mindestens aber zu einer aktiven Auseinandersetzung mit ihr. ReMind konfrontiert seinen Benutzer kontinuierlich, aber humorvoll mit seiner Prokrastination.
ReMind basiert auf einer frühen Version der „Ästhetik der Reibung“, die ich in meiner Dissertation erarbeitet habe. In der engen Zusammenarbeit mit Jan Brechmann konnten wir die „Ästhetik der Reibung“ in ReMind in Form unterschiedlicher Gestaltungsdetails ausformulieren. Nach dem erfolgreichen Abschluss von Jan Brechmann konnte ich ein vollständiger funktionaler Prototyp von ReMind anfertigen und in einer längsschnittlichen Studie testen.